„Shiet, wir haben keine Butter mehr“, rief Ellen durchs Haus. Wütend knallte sie die Kühlschranktür zu. Dass die Mineralwasserflaschen nur so schepperten, störte sie sich. „Ich fahr mal eben kurz in den Supermarkt. Möchtest du auch was?“ Ellen suchte in ihrer Handtasche nach dem Autoschlüssel. „Weißt du wo der Autoschlüssel ist?“. Wieder bekam sie keine Antwort. Ach ja, in der Jackentasche. `Na gut, keine Antwort, ist auch eine Antwort‘, murmelte sie vor sich hin und setzte den Wagen zurück. Sie hasste es, rückwärts aus der schmalen Einfahrt zu fahren. Wie oft hatte sie notbremsen müssen, weil genau in dem Moment wo sie ihr edles Gefährt raussetzen wollte, die Katze hinters Auto sprang. Oder ein Radfahrer noch schnell vorbeiflitzen musste.
‚Hm, Fleischsalat wäre ja auch nicht schlecht zum Abendessen. Aber die Kalorien‘. Ellen packte in den Einkaufskorb all das ein was sie besonders gern mochte – und kurz drauf alles wieder aus. Zwanzig Minuten vergingen bei dem Ein- und Auspackspiel und so allmählich verging auch ihr auch der Heißhunger. Zumindest auf Fleischsalat. ‚Heute Abend gibt es ein Butterbrot mit Tomaten und gut ist‘, befand sie und dass Marlies, ihre Schwester, eh abspecken sollte, was sie ja auch wollte. Somit blieb nur ein Päckchen Butter einsam und verlassen im Korb zurück..
„Entschuldigen sie, meine Dame, wissen sie vielleicht wo die Butter versteckt liegt?“, drang eine der männlichsten Stimme, die sie je vernommen hatte, an ihr hübsches Ohr. „Ähm, ja. Die Butter?“, stammelte Ellen. „Ja, die Butter, die liegt da hinten. Bei der Butter“. Seinen klaren Blick auf Ellens Finger gerichtet, dem Zeig folgend - und der höfliche Mann wusste Bescheid. ‚Mann, warum stottere ich denn so blöd und was erzähle ich da bloß für einen Mist‘, tadelte sie sich. „Sie meinen also dahinten, wo die Butter liegt, neben der Margarine?“, frotzelte der Mann charmant. Ellen wandte sich mit den Worten „Na dann schönen Tag noch“ von dem Mann ab, um nicht auch noch Butterknie zu bekommen, weshalb sie auch lieber bedächtig Richtung Kasse schritt. ‚Hoffentlich hat der nicht auf meine Füße geschaut‘, überlegte die übereitle Ellen. Ihr Blick fiel zu Boden, auf ihre bequemen und doch so hässlichen Gesundheits-Schlappen, wanderte weiter, aber so was unauffällig suchend nach hinten und .. da stand er, direkt hinter ihr.
„Einen schönen Abend noch, wollten sie doch sicherlich meinen“, sprach er sie erneut an, „der Tag ist schon gelaufen“. Der attraktive Mann lächelte sie aus großen braunen Augen an und sein kecker Blick verriet, dass er eine Antwort provozierte. Verlegen steckte sich Ellen eine Haarsträhne hinters Ohr und versuchte sie fast gewaltsam festzuklemmen. „Klein aber fein“, witzelte er - und Ellen konnte nicht anders, als darüber zu lachen.
An der Kasse ging es hektisch zu. Die Frau vor ihr hatte bereits ihre Ware aufs Band gelegt. „Von mir aus können ´se auch schon..“, sagte die Frau, „hier am Klopapier is ´ Ende“. Ellen legte ihr Päckchen Butter aufs Laufband. „Hätten ´se doch gleich wat gesacht. Dann hätte ich ´se doch vorgelassen“, trompete das Trompetenweib. „Ist schon in Ordnung“, entgegnete die männlichste aller Männerstimmen, „ wir warten gerne“. Ellen spürte, wie ihr Herz heftig zu pochen anfing. ‚Wie recht er doch hat‘.
Schnell , so schnell es halt in diesen schlappenden Dingern ging, lief sie zu ihrem Auto. Eigentlich war es das Auto ihrer Schwester, aber wenn sie den Wagen fuhr, dann war es ihrer. Mit verkrampften Zehen versuchte sie das lockere Schuh-Werk eines Dr. Scholls festzuhalten, was ihr eine Gangart verlieh, die alles andere als leichtfüßig wirkte.
„Will sie mir etwa entweichen, mit der sahnigen Butter der weichen?“, scherzte der überaus attraktive Mann mit der Stimme eines Radiosprechers. „Sie schon wieder“, fuhr Ellen ihn an, was sie aber nicht so meinte und durchsuchte weiter den vorbildlich aufgeräumten Kofferraum. Marlies war da sehr eigen, mit ihren eigenen Sachen.
„Darf ich sie… ‚Ja, ja du darfst, nu frag mich schon‘, hämmerte es in Ellen´s Kopf, …zum Abendessen einladen? Oder haben sie schon was vor?“
„Schuhe? Wozu brauchen sie denn Schuhe, meine Liebe? Wir gehen zur mir. Frisches Brot habe ich reichlich. Na ja – und Butter haben wir ja auch mehr als reichlich“.